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Arbeitsvertrag oder Werkvertrag?
26.09.2013. Arbeitnehmer genießen Kündigungsschutz, ein Recht auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und auf Urlaub, freie Mitarbeiter oder Werkunternehmer dagegen nicht.
Denn alle diese Rechte setzen ein Arbeitsverhältnis voraus, weshalb es für viele Arbeitgeber finanziell verlockend ist, Arbeitsverhältnisse durch trickreiche Vertragskonstruktionen zu umgehen. So etwas geht "gut", solange die betroffenen Scheinselbständigen nicht vor die Arbeitsgerichte ziehen.
In einem aktuellen Fall konnte sich ein bayerischer wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Erfolg gegen die unrichtige Einordnung seines Arbeitsverhältnisses als Werkvertrag zur Wehr setzen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.09.2013, 10 AZR 282/12.
- Was unterscheidet Arbeitsverträge von Werkverträgen?
- Der Fall des BAG: Bayerisches Denkmalamt setzt Wissenschaftler vollzeitig für die Überarbeitung der Denkmalliste ein
- BAG: Ist nicht die Herstellung einer Sache oder eines Erfolgs, sondern eine bestimmte Tätigkeit geschuldet, liegt kein Werkvertrag vor
Was unterscheidet Arbeitsverträge von Werkverträgen?
Arbeitsverträge sind eine spezielle Art von Dienstverträgen. Dienstverträge sind tätigkeitsbezogen: Die vertragliche Hauptpflicht ist die Tätigkeit als solche, d.h. die Arbeit.
Wer seine dienstvertraglichen Aufgaben "frei" erfüllt wie z.B. ein Anwalt, Arzt oder Steuerberater im Verhältnis zu seinem Klienten, verwendet seine eigenen Betriebsmittel und braucht keine Anweisungen zu befolgen. Er entscheidet selbst, wann und wo und vor allem wie er seinen Auftrag erfüllt.
Demgegenüber erbringen Arbeitnehmer zwar auch Dienstleistungen, sind aber dabei nicht "frei", sondern "abhängig". Das bedeutet, dass sie Anweisungen des Auftraggebers in Bezug auf Ort, Zeit oder Inhalt ihrer Arbeit befolgen müssen und dass sie in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert sind, d.h. auf dessen Betriebsmittel bzw. Organisation bei der Arbeit angewiesen sind. In diesem Fall ist der Auftraggeber Arbeitgeber.
Daraus folgt: Alle Arbeitsverträge sind Dienstverträge, doch sind nicht alle Dienstverträge auch Arbeitsverträge, denn es gibt auch freie Dienstverträge.
Von vornherein keine Arbeitsverträge sind Werkverträge. Denn der Werkunternehmer ist vertraglich gar nicht zur Arbeit verpflichtet, sondern zur Herstellung eines Werkes (§ 631 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Seine Vertragspflicht ist erfolgsbezogen, nicht tätigkeitsbezogen.
Daher können Werkunternehmer eigene Mitarbeiter oder Nachunternehmer ("Subunternehmen") einsetzen, um das vereinbarte Werk zu erstellen. Denn nicht das wie (die Arbeit), sondern das was (der Erfolg) entscheidet. Demgegenüber müssen freie Dienstvertragsnehmer und Arbeitnehmer ihre Pflicht im Zweifel höchstpersönlich erbringen, d.h. sie haben kein Recht zur Substitution (§ 613 BGB).
Vor diesem Hintergrund sind Werkverträge für kostenbewusste Unternehmen eine "interessante" Alternative zu Arbeitsverträgen: Anstatt freie Mitarbeiter einzusetzen, die sich im Nachhinein möglicherweise als Scheinselbständige (= Arbeitnehmer) entpuppen, schließt man Werkverträge mit Einzelpersonen ab und umgeht das ungeliebte Arbeitsrecht dadurch so weiträumig wie möglich.
Allerdings können auch Einzelpersonen, die auf dem Papier Werkunternehmer sind, Scheinselbständige bzw. in Wahrheit Arbeitnehmer sein,
- wenn ihre Vertragspflichten in Wahrheit tätigkeitsbezogen sind und sie kein Recht zur Substitution haben (dann liegt ein Dienstvertrag vor und kein Werkvertrag), und
- wenn sie ihren Dienstvertrag in sozialer bzw. persönlicher Abhängigkeit erfüllen müssen, d.h. wenn sie Weisungen zu befolgen haben und in die Organisation des Auftraggebers eingegliedert sind.
So war es in einem gestern vom BAG entschiedenen Fall.
Der Fall des BAG: Bayerisches Denkmalamt setzt Wissenschaftler vollzeitig für die Überarbeitung der Denkmalliste ein
Im Streitfall unterstützte ein Akademiker von September 2005 bis November 2009 mit kurzzeitigen Unterbrechungen das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) bei der Überarbeitung der Denkmalliste. Grundlage seiner Arbeit waren insgesamt zehn hintereinander geschaltete Verträge, die als "Werkverträge" bezeichnet wurden.
Im letzten Vertrag war als Werk vereinbart die „Vorarbeit für die Nachqualifizierung der Denkmalliste für die kreisfreie Stadt und den Landkreis Fürth sowie für den Landkreis Nürnberger Land“. Konkret hatte der Auftragnehmer Bodendenkmäler in einem EDV-gestützten System zu erfassen und dabei denkmalpflegerisch zu bewerten.
Je nach Standort der Ortsakten konnte er dabei nur in den Dienststellen des BLfD arbeiten. Einen Schlüssel zu den Dienststellen hatte nicht und musste sich daher an die üblichen Bürozeiten halten. Daher arbeitete er regelmäßig von 07.30 Uhr bis 17.00 Uhr an ihm zur Verfügung gestellten PC-Arbeitsplatz mit persönlicher Benutzerkennung und Zugang zu den Eingabemasken.
Der Termin zur Fertigstellung der Leistungen wurde anhand der Zahl der zu bearbeitenden Fundstellen berechnet und auf den Ende November 2009 festgelegt. Dem Auftragnehmer war es gestattet, seine Bezahlung von insgesamt 31.200 Euro nach Abschluss der Bearbeitung bestimmter Gebiete in sechs gleichen Einzelbeträgen von jeweils 5.200 Euro abzurechnen.
Der Auftragnehmer meinte, sein "Werkvertrag" sei in Wahrheit ein Arbeitsvertrag und erhob vor dem Arbeitsgericht München Entfristungsklage. Damit hatte er Erfolg (Arbeitsgericht München, Urteil vom 12.05.2010, 35 Ca 14694/09). Auch das für die Berufung zuständige Landesarbeitsgericht (LAG) München urteilte gegen den Arbeitgeber (LAG München, Urteil vom 23.11.2011, 5 Sa 575/10).
Ein Werkvertrag lag hier nicht vor, so das LAG, denn der Arbeitnehmer pflegte seine Arbeitsergebnisse ohne irgendeine Abnahme seines angeblichen Werkes sofort in die EDV des Auftraggebers ein. Außerdem hätte er keinen Subunternehmer oder eigenen Arbeitnehmer einsetzen können, d.h. er hatte kein Substitutionsrecht. Daher war seine Vertragspflicht tätigkeits- und nicht erfolgsbezogen. Also lag ein Dienstvertrag vor.
Ein freier Dienstvertrag war das aber nicht, denn der Kläger war eng in die Organisation des Auftraggebers eingegliedert und von dessen Weisungen abhängig. Er hatte nämlich die üblichen Bürozeiten einzuhalten und konnte daher seine Arbeitszeiten nicht frei festlegen. Außerdem hatte er kleinere Arbeiten, die im angeblichen "Werkvertrag" nicht erwähnt waren, auf Weisung eines Vorgesetzten ausgeführt.
BAG: Ist nicht die Herstellung einer Sache oder eines Erfolgs, sondern eine bestimmte Tätigkeit geschuldet, liegt kein Werkvertrag vor
Auch vor dem BAG zog der Auftraggeber den Kürzeren, der sich daher über einen neuen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten freuen darf. In der derzeit nur als Pressemeldung vorliegenden Begründung des BAG heißt es dazu:
Anders als bei einem Werkvertrag ist Gegenstand eines Dienstvertrags die Tätigkeit als solche. Im Streitfall ließ aber die Gestaltung des angeblichen „Werkvertrags“ erkennen, dass nicht die Herstellung einer Sache oder eines Erfolgs, sondern eine bestimmte Tätigkeit geschuldet war.
Außerdem lag hier kein freier Dienstvertrag, sondern ein Arbeitsvertrag vor. Bei einem Arbeitsverhältnis, so das BAG, wird die vereinbarte Tätigkeit weisungsgebunden, d.h. in persönlicher Abhängigkeit geleistet. Welches Vertragsverhältnis vorliegt, ist anhand einer "Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls" festzustellen. Widersprechen sich Papierform und tatsächliche Durchführung des Vertrags, ist die tatsächliche Durchführung maßgebend.
Die hier vom LAG vorgenommene umfassende Bewertung des Streitfalls als Arbeitsverhältnis ließ das BAG gelten. Sie war "revisionsrechtlich nicht zu beanstanden".
Fazit: In vielen neueren Urteilen des BAG spielt die Frage der "Eingliederung" des Dienstvertragnehmers in die Organisation des Auftraggebers keine Rolle (mehr), während sie traditionell als eines der entscheidenden Merkmale für die Abgrenzung von freiem Dienstvertrag und Arbeitsvertrag angesehen wird.
Dagegen ist die Einbindung des Klägers in die Büroabläufe und die EDV des Denkmalamtes ein zentrales Argument des LAG München. Da dessen Urteil vom BAG abgesegnet wurde, könnte es sein, dass die Eingliederung künftig auch von den Erfurter Richtern wieder wichtiger genommen wird.
Das wäre auch gut, denn in den letzten Jahren hatte man den Eindruck gewinnen können, dass sich das BAG in Scheinselbständigkeitsfällen im Wesentlichen nur noch darauf konzentriert, ob der Auftragnehmer seine Arbeitszeiten frei bestimmen kann (dann freie Mitarbeit) oder Weisungen in puncto Arbeitszeit befolgen muss (dann Arbeitsverhältnis). Das ist eine zu einseitige Betrachtung und im Ergebnis eine Einladung zur Umgehung des Arbeitsrechts.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.09.2013, 10 AZR 282/12 (Pressemeldung des BAG)
- Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 23.11.2011, 5 Sa 575/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitnehmer
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- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Beschäftigung, Beschäftigungsverhältnis
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Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 29. Juni 2020
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